Würden Sie dieser Organisation Geld je leihen? Sie sind wahrscheinlich schon investiert!

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Im folgenden Text wird Ihnen ein Business Case vorgestellt, verbunden mit der Bitte, zu prüfen, ob Sie persönlich dieser Organisation Ihr Geld leihen würden.

Kurzbeschrieb Business Case der Organisation: Erbringung von verschiedenen Leistungen im Bereich Bil­dung, Si­cher­heit, Infrastruktur, Gesundheit, Versorgung. Marktgrösse und 11 Mio Kunden, Sorti­ment eigent­lich „Dienst­leis­tungen für jedermann“.  Dieser Servicekonzern hat eine marktführende Stel­lung in seinem Raum mit quasi mo­nopolistischem Charakter. Gute Position in Städten aber auch auf dem Land.  Einen füh­­­renden Teilhaber gibt es nicht, jeder Teilhaber hat lediglich eine Stimme.

Die Marktattraktivität des möglichen Schuldners ist sehr bescheiden, es ist kein Wachstum vorhanden, die Kaufkraft der Kund­schaft ist gering und ein Ausbrechen in neue Märkte ist so gut wie unmöglich. Es ist nicht auszuschliessen, dass sich sogar viele Kunden anderen Anbietern anschliessen werden. Die Orga­nisation hat trotz erlassener Führungsrichtlinien grosse Mühe, ihr Pricing durchzusetzen. Zahl­reiche Kunden nutzen die Dienstleistungen als Trittbrettfahrer und bezahlen zu wenig oder gar nichts für die bezo­ge­nen Leistun­gen. Das Debitorenmanagement weist zudem eklatante Schwächen auf, da ge­stellte Rech­nun­gen oft nicht kassiert werden. Es ist zu vermuten, dass die meisten Dienstleistungen un­profitabel sind, was unter anderem darauf be­ruht, dass, mit wenigen Ausnahmen keine Produkt­kal­ku­lation für ein korrektes Pricing zur Verfügung steht. Die Discountpolitik ist opportunistisch und we­der kaufmännisch abgestützt noch konsequent ge­währt. Das Sortiment wird keiner syste­ma­tischen lau­fenden Überprüfung unterzogen, auch nicht aus Qualitätssicht. Die Produktentwicklung läuft un­syste­matisch und im Wettbewerbsvergleich gilt die Or­ganisation nicht als innovativ. Sie bezieht viele Leis­tungen von extern und hat hierfür auch Beschaffungsrichtlinien er­lassen. Es ist aber bekannt, dass sie sich schwer tut mit deren Umsetzung. Unheilige Allianzen zwischen Einkäufern und Lieferanten kön­nen ohne Probleme entstehen und sie werden oft nicht geahndet. Ein state of the art Kredito­ren­ma­na­gement ist nicht im Einsatz. Die Produktionsanlagen sind veraltet und oft in schlechtem Zustand so­wie personal- und kapitalintensiv. Eine überfällige Restrukt­u­rie­rung hat noch nicht stattgefunden und ein Verkauf unrentabler Bereiche stand nie ernsthaft zur Debatte. Eine Geschäftsstrategie ist nicht er­kennbar und die Organisation ist historisch gewachsen. Sie erfüllt keine der gängigen Good Cor­po­rate Governance Kriterien. Internationale Richtlinien werden zwar übernommen, aber sie werden nicht umgesetzt, weil sie viel zu anspruchsvoll sind, für diese nicht besonders leistungsstarke Orga­ni­sa­tion. Das Top Management ist relativ stabil, es rekrutiert sich mit langer Tradition vor allem aus den Grün­der­familien, die allerdings stark miteinander zerstritten sind. Eine Trennung von Aufsicht und Ge­schäfts­leitung besteht nicht. Das Top Management verfügt über keine spezifischen Führungser­fah­run­gen, um diese gross Organisation nachhaltig zu führen. Die Führung erfolgt bestenfalls in den Ge­schäfts­bereichen, eine Gesamtführung erfolgt nicht – die Organisation ist „undermanaged“.

Die Organisation wird im Finanzmanagement lediglich mit einer Free Cash Flow Betrachtung geführt. Bi­lanz und Erfolgsrechnungen bestehen nicht. Die Schuldensituation ist erdrückend und der Betrieb war in den letzten Jahren des Öfteren knapp an Liquidität. Die Rechnung ist nicht konsolidiert, einen aus­sagekräftigen Geschäfts­bericht existiert nicht, ebenso wenig ein Testat einer unabhängigen Revi­si­ons­gesellschaft. Investoren finden zudem keine Investor-Relationsabteilung. Die Organisation schreibt seit Jahren Verluste und weist einen negativen Free Cash Flow aus. Die Fix Kosten sind enorm und bis­lang kaum angetastet worden- eine Vollkostenrechnung besteht nicht, ebenso wenig sind die wich­tig­­sten Prozesskosten bekannt. Bisherige Kostensenkungsmassnahmen waren nicht erfolgreich. Die Ka­pitalbindung wird nicht systematisch hinterfragt. Ein Eigenkapital wird nicht ausgewiesen, ver­mut­lich ist es stark negativ.